Usbekistan: meine Reise im Jahr 2021

Nach langen zwei Jahren durfte ich wieder meine Heimat besuchen. Mein Glück hatte kein Ende. Auch meine Aufregung. Ich sitze im Flugzeug, müde, erschöpft und male mir Bilder im Kopf wie diese Reise sein wird.

Jetzt, nach einem Monat sitze ich an meinem Schreibtisch mit sehr gemischten Gefühlen, mit Chaos im Kopf und Sehnsuchtstränen in den Augen. Alle Fragen mich „Und wie war´s? Erzähl mal!

Ich weiß nicht was ich genau erzählen soll. Wo soll ich anfangen und wo aufhören. Was genau wollen die Menschen wissen und was nicht. „Es war heiß. Sehr heiß. Über 50 Grad. Aber sehr schön meine Familie wieder zu sehen“, antworte ich. Ich sehe, dass viele mit dem ersten Teil kaum etwas anfangen können. 50 Grad? Wie fühlt es sich an? Aber Familie zu sehen ist immer schön – und in diesem Teil des Satzes nicken Menschen verständnisvoll. Der Satz ist perfekt für jemanden, der nicht viel wissen will. Der erste Teil ist „exotisch“ – also 50 Grad, krass. Der zweite Teil familiär. Jede kann es verstehen.

Aber wie war es in der Wirklichkeit? Wie ging es mir zu Hause zu sein? Wie fühlte es sich an?

Ich will meine kleine Erzählung mit unserem Haus anfangen. Ist es euch aufgefallen, dass die Häuser einen bestimmten Duft haben? Der Duft des Hauses bleibt über den Jahrzehnten gleich. Dieser Duft lebt zusammen mit dem Haus. Unser Haus hat den Duft der warmen Sommernächte gemischt mit dem Kümmel, Waschmittel und Staub. Es ist etwas Altes und gleichzeitig etwas Frisches in der Luft. Alle Sachen in dem Haus riechen für den ersten Augenblick danach, alle Erinnerungen, die mit diesem Haus verbunden sind, die ganze Kindheit ist damit bemalen. Alles riecht nach Sommer und ewige Gelassenheit, nach frischem Fladenbrot und Grüntee, nach Kurpachas und unseren Hühnern, die gar nicht mehr da sind. So riechen das Glück, Harmonie, Illusion und Vergangenheit. Nach diesem Duft schmecken Heimweh, Sehnsucht, Tränen.

So die ersten Tage habe ich mich damit beschäftigt, diesen Duft zu riechen und in den Erinnerungen zu schwimmen. Jede Kleinigkeit hatte für mich eine besondere Bedeutung, eine besondere Geschichte. Jede Kleinigkeit ist Zeuge vom etwas Großen. Das alte Haus ist wie die treue, liebevolle Mutter ist immer da und wartet auf die Kinder. Wenn die Kinder weg sind, bleibt der Augenblick still, er friert ein. Das Haus wartet, bis die Kinder da sind, damit es weiterlebt. So war auch dieses Mal. Dieses alte Haus, die gerissenen gelben Wände, farblose Fassade sind meine Heimat. Meine Finger sind die flotten Zeugen meiner Tage in diesem Haus. Jede Berührung mit jedem Gegenstand, die mein Kopf längst vergessen hat, ist ein Flashback für meine Finger. Als ob sie ihre eigenen Erinnerungen hätten. Als mein Heimweh manchmal unerträglich wird, will ich nur dieses Haus sehen, berühren, riechen. Der Besuch der Heimat ist immer wie eine Zeitreise. Ich laufe durch die Zimmer und sehe das kleine Ich weinen, meine noch junge Mutter gestresst nach der Arbeit Abendessen kochen. Der Schreibtisch von meinem Bruder ist immer noch da und das Bild von ihm vor 12 Jahren steht immer noch auf seinem Schreibtisch. Auch wenn die Jahre wie grausamer Verräter nur nach vorne rennen, bleibt die Zeit in diesem Haus, in meiner Heimat still. Ich sehe wie meine Eltern vor 10 Jahren streiten, wie ich voller Verzweiflung und Ängste mein Tagebuch schreibe. Wie mein Bruder mit unserem schon verstorbenen Hund, der mich oft in den Träumen besucht, spielt. Alle Erinnerungen sind präsent und sie leben immer noch. Die Vergangenheit wandelt sich in die Gegenwart um und die Gegenwart in die Vergangenheit.

Der nächste Punkt ist über die Menschen. Usbekinnen haben Sonne im Gesicht. Sie lachen herzlich, sie sind sehr höflich, bescheiden, gastfreundlich. So habe ich sie in meinen Erinnerungen. Wie in meinem Text Ode an Weiblichkeit. Jedoch dieses Mal schmecken meine Begegnungen mit den Einheimischen nach Vorsicht und Distanz. Hier ist es richtig zu beachten, dass ich mich nicht wie eine Touristin verhalte, sondern wie eine Einheimische. Bei den wenigen Malen als ich mich wie eine Touristin verhalten habe, durfte ich absolut andere Wahrnehmung genießen. Die Distanz habe ich meiner Kamera und neuer Angstpolitik der Regierung zu verdanken. Es gibt letzte Zeit immer mehr „Blogger“, die alles filmen und auf Netz hochladen. Die Menschen haben Angst vor solchen Blogger und wollen klarerweise nicht auf ihren Bildern und Videos auftauchen. Deshalb wurden oft vor meiner Nase die Türen für die öffentlichen Gebäuden geschlossen und den Zugang verboten. Deshalb waren die Menschen unfreundlich und genervt, wenn ich irgendwo Bilder oder Videos gemacht habe.

Die neue Tendenz in Usbekistan, die ich beobachtet habe, ist „come back“ vom Islam. Während der Karimows Regierungszeit wurde Islam sehr stark von der Regierung kontrolliert. Man durfte nicht als eine berufstätige Frau Kopftuch tragen. Die Moschee zu besuchen, war nicht gerne gesehen. Religion war fast verboten. Der neue Präsident dahingegen führt eine liberale Politik in Bezug auf Islam. Diese Tendenz soll man mit Vorsicht beurteilen. Ganz kurz: es gibt keine Religionsfreiheit, wenn die Menschen wegen dem kollektiven Druck anfangen, sich zu verschleiern, wenn die jungen 8-10 jährigen Mädchen verschleiert in die Hitze +50 Graf laufen. Häusliche Gewalt steigt, und niemand darüber reden wird, weil es eine göttliche Aufgabe der Frau ist alles zu dulden (auch im „Islam“). Die Rolle der Frau wird in der Gesellschaft klein geredet, weil nach Scharia die Frauen unter den Männern stehen, usw.

Jedoch war alles nicht so grau. Es gaben sehr schöne bunte Begegnungen, vor allem mit den Schneiderinnen. Ich konnte persönlich unsere Partnerin in Bukhara kennenlernen, die uns Suzanis schickt. Es war so schön sie in ihrem Laden zu treffen, als ob es eine Märchenwelt wäre. Es war faszinierend zu sehen, wie ein Suzani Teppich gestrickt wird. Eine Arbeit, die viel Geduld und Hingabe fordert. Ohne diese Tugend kann man keine Suzanis stricken. Darüber werde ich auch noch in den weiteren Artikel mehr erzählen.

Das letzte Punkt für den heutigen Artikel ist Essen. Natürlich wie kann ich das Essen nicht erwähnen XD . Es wird bald ein extra Video und Blogartikel auch über die Essenskultur der Menschen in Usbekistan kommen. Ich habe sehr gemischte Gefühle mit der usbekischen Küche. Eine Art Hassliebe. Ich liebe Obst und Gemüse auf dem Markt, ich liebe unsere Milchprodukte, für die Tiere (oft) nicht ausgebeutet werden. Vor allem Obst und Gemüse schmecken so wie sie schmecken sollte. Süß, saftig, schmackhaft, natürlich. Sie schmecken nach Sonne, die über 300 Tage in Usbekistan scheint. Ich liebe alle vegetarische Gerichte, die die usbekische Küche anbieten kann. Jedoch ich mag nicht die Fleischkultur Usbekistans. Ein Essen ohne Fleisch ist kein Essen. Menschen kochen mit Fleisch in allen möglichen Formen. Die angeblich vegetarischen Samsas haben in ihrem Teig Rinderfett. Das Thema der Tierrechte ist ein nächstes Schmerzensthema meines Herzens.

Liebste sonnige Grüße

Nadira

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Spiritualität im Alltag des Usbekistans

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