Interview mit wunderschöner Kamila Erkaboyeva

Kamila kannte ich aus Instagram. Ihre Instagram Seite inspiriert mich seit zwei Jahren. Das ist eine „leckere“ Mischung zwischen modernem und traditionellem Usbekistan. Durch ihre Kunststücke zeigt sie ein schönes Usbekistan. Ihre Bilder und Videos auf Instagram haben mich immer neugierig gemacht. Ich wollte immer wissen, was für eine Persönlichkeit sich hinter dem Account Arty Numpty versteckt, wie diese Person denkt, was sie mag und aus welchem Teil Usbekistans sie kommt.

Das war eins der ersten Bilder, die ich von Kamila auf Instagram gesehen habe und das ist was ich meine, dass Usbekistan in ihrer Vorstellung modern, bunt und wunderschön ist.

Mit Kamila reden wir über Zoom. Sie lebt in London. Sie liebt London, auch wenn sie erstes Mal diese Stadt als grau und kalt empfunden hat. Unser Gespräch ist von Anfang an herzlich. Wir lachen die ganze Zeit, meine Backen tuen irgendwann sehr weh. Wir sprechen gleich auf drei Sprachen, sehr typisch für Usbekistan, denn viele nicht eine, sondern zwei Muttersprachen haben und noch weitere Fremdsprachen beherrschen.

Kamila ist in Taschkent geboren, in Chilanzar Bezirk. Wenn man über Taschkent redet, ist es wichtig Bezirk zu erwähnen. Jedes Bezirk ist wie eine andere Stadt, das ist typisch für eine Großstadt. Kamilas Oma väterlicherseits kommt aus dem Fergana Tal, während die Familie ihrer Mutter zu der Gruppe der ethnischen Russen gehört, die seit drei Generationen in Taschkent lebt. 

Ihre Eltern wollten immer in Großbritannien leben. Viele Eltern hatten in dieser Zeit ähnliche Träume, meine Eltern wollten z.B. in die USA immigrieren. Kamilas Mutter fängt an Englisch zu lernen. Nach einer gewissen Zeit war ihr Englisch so gut, dass sie an einer Uni in England immatrikuliert. „Damals war sie Mitte Dreißig und hatte zwei Kinder“, sagt Kamila und ich stelle mir so gut vor, was für eine Herausforderung es für ihre Mutter sein sollte. Solange Mama studiert, bereitet der Kamilas Vater seine beiden Kindern Kamila und ihren Bruder zum Leben in England vor. Sie besuchen Englisch Kurse, schauen Filme und Dokumentar Filme über Royal Familiy auf Englisch. Mit 11 Jahren zieht Kamila mit ihrer Familie nach London um.

“Ich suche überall etwas Usbekisches“, verrät sie mir während des Gesprächs. Kamila erzählt, wie sie in ihren Reisen immer wieder usbekische Stoffe, das usbekische Geschirr oder traditionelle Wandteppiche entdeckt.

Foto von Aziza @anvrvn.ph

Wir reden mit Kamila über Pahtagul Muster, das sie für ihre Kunst oft benutzt. Pahtagul ist ein Symbol Usbekistans, das auf das traditionelle usbekische Geschirr zu sehen ist. „Pahta“ bedeutet Baumwolle, „Gul“ – Blume. „Ich bekomme manchmal Nachrichten und werde dafür kritisiert, dass ich Pahtagul male. Pahta war immer ein schwieriges Thema für Usbekistan und Jahrzehntelang herrschte in diesem Bereich Zwangsarbeit. Aber um ehrlich zu sein, meine Eltern haben sich während Baumwollpflücken kennengelernt. Wenn nicht Pahta geben würde, würde es mich auch nicht geben“. Sie hat Recht. Baumwolle ist ein kein angenehmes Thema. Ich war auch eins von den Jugendlichen, die in einem Baumwollfeld gearbeitet hat. Usbekistans Baumwolle wurde auf Kosten von der Kinder- und Zwangsarbeit gepflückt. Weshalb viele Länder der Welt usbekische Baumwolle boykottiert haben. Heutzutage wurden alle Zwangsarbeiten verboten und usbekische Baumwolle wird von den Bauern gepflückt, die dafür fair bezahlt werden.

In London vermisst Kamila ihr Zuhause, ihr Taschkent und ihre Familie. Englisch, den sie in Taschkent gelernt hat, hilft ihr in ihrem englischen Alltag wenig. Sie besucht Englische Schule, doch in der Schule erfährt sie wie grausam junge Menschen sein können, sie wird gemobbt, für ihr Englisch, für ihr Aussehen. „Irgendwann war ich so wütend, dass ich innerhalb der zwei Jahren den Britischen Akzept mir angeeignet habe. Ich habe verstanden, um in dieser Gesellschaft anerkannt zu werden, muss ich die Sprache und das Akzept perfekt beherrschen“. Mit der Zeit, vor allem, um zu überleben, nimmt sie englische Kultur an, und verliert ein Stückchen ihrer Identität. Auch wenn es für jemanden übertrieben klingt, weiß ich ganz genau, was sie meint. Es ist ein Prozess der Integration, wenn man gewisse Sachen aus der Heimat vergisst und neue Identitätsmerkmale annimmt.

Stolz trägt Kamila Pahtagul Motiv - das traditionelle Muster des usbekischen Geschirrs.

Foto von Aziza anvrvn.ph

Ich habe mit Kamila auch über ihre Werte gesprochen, die sie im Laufe der Zeit geprägt haben. „Ich bin von meiner Natur aus, ein gutmütiger Mensch. Ich will immer den Menschen in meiner Umgebung helfen. Oft habe ich doch erlebt, dass diese Hilfsbereitschaft von den Menschen ausgenutzt wurde. Es hat mich jedes Mal verletzt. Eines Tages habe ich mit meinem Vater darüber gesprochen und sein Satz begleitet mich bis heute: Bereue nie gutherzig für jemanden zu sein. Bereu nie, die Hilfe, die du jemandem gibst. Bereu nie ein Licht im Leben von jemandem zu sein.“

Erlaube nie den Menschen für dich zu entscheiden ist der nächste Leitsatz, der sie begleitet. In Laufe ihres Lebens hat sie immer wieder gehört, was, wie und wann sie machen soll. Sowohl in England als auch in Usbekistan hatte man Erwartungen an sie und an ihrem Verhalten. Kamila merkt relativ schnell, dass sie nicht allen recht machen kann. Aus diesem Grund trägt sie selbst Verantwortung für ihr Leben und erlaubt niemandem für sich zu entscheiden.

Mit 17 erlebt sie etwas Schlimmes. Die Ärzte stellt bei ihr Tumor fest. Ihre Bauchspeicheldrüse ist angegriffen und Krebs fängt an, Richtung Leber sich zu verbreiten. Sie muss dringend operiert werden. Während ihre Freunde Zukunftspläne malen, kämpft Kamila für ihr Leben. Gott sei Dank, gewinnt sie in diesem Kampf. Doch sie wusste, dass sie etwas in ihrem Leben verändern sollte. Sie fängt an wieder zu malen. Bis heute ist Malen ihre Leidenschaft und durch ihre besonderen Bilder verbindet sie verschiedene Welten. Ihre Bilder sind eine Brücke zwischen ihrer Welt und die Welt der anderen Menschen. „Durch meine Bilder kommuniziere ich mit meiner inneren und äußeren Welt. Jedes Bild, das ich male, hat eine Bedeutung und ist in einer wichtigen Lebensphase entstanden. Meine Bilder haben für die Menschen andere Bedeutung, sie verbinden ihre Emotionen, Gefühle und Erinnerungen damit. Das ist das Schöne daran, dass meine Bilder durch weitere Geschichten ergänzt werden“.

Foto von Sevi travelwithsevi

Während ihres Aufenthalts im Krankenhaus passiert etwas Schönes. Als sie nach der Narkose zu sich kommt, erfährt sie, dass Prinz Wilhelm heute zu diesem Krankenhaus kommt und sie besucht, denn sie die jüngste Patientin des Krankenhauses ist. Sie kann kaum ihrem Glück glauben. Als ihr Vater kommt, sie zu besuchen, sagt sie ihm diese schöne Nachricht.

-Kizim (Meine Tochter), alles ist gut! Du bist noch unter der Narkose. Mach dir keine Sorgen.

-Nein, Papa. Ich meine es ernst, Prinz Wilhelm kommt heute mich besuchen.

Ich hatte überall in meinem Körper Röhre und ich konnte nicht in so einem Zustand dem Prinzen begegnen.“ Sie schickt ihre Mama ihr Chanel (Parfüm) zu kaufen. Als Prinz Wilhelm bei ihr war, macht ihre Mama ein Bild von den beiden. „Heute hat jeder in meiner Familie dank meinem Vater eine Tasse mit diesem Bild, das war sein Mitbringsel aus England“.

Während ihrer Zeit an der Uni, lernt sie erstes Mal die Studenten und Studentinnen mit dem sowjetischen Hintergrund kennen. Vor allem lernt sie ihre Landesleute kennen. Sie hatte großes Verlangen nach usbekischer Kultur. Jedoch war Kamila in ihrer Art einsam. Eine Usbekin, die nicht in ihrer Heimat lebt. Jedoch alles usbekisches liebt und zelebriert. Auf diese Weise fängt sie an, ihre Gedanken auf Instagram zu teilen. Sie zeigt Usbekistan durch ihre Augen. Sie malt und dadurch erzählt Geschichten. Vor zwei Jahren haben ihre Freunde ihr zum Geburtstag „Angel Investment“ geschenkt, damit sie anfängt, ihre Kunststücke zu verkaufen. Sie hat ihre Webseite gebaut und seit zwei Jahren verkauft sie ihre Kunststücke weltweit. Sie will in der Zukunft sich ihrem Traum – ihrem Herzensprojekt widmen. Im Moment legt sie Grundsteine für diesen Traum. Das Gespräch mit Kamila hat mich sehr inspiriert und gezeigt, wie wunderschön und stark Frauen in meiner Heimat sind!

Liebe,

Nadira

Kamilas Instagram: www.instagram.com/artynumpty/

Kamilas Webseite: www.artynumpty.com/

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